Prüfungslektion zu Marlene Röder: »Scherben«

Die Aufgabe zu einer Prüfungslektion lautete:

»Scherben« von Marlene Röder. Schaffen Sie für die Klasse analytische und emotionale Zugänge zu dieser Erzählung. (2. Klasse, 8. SJ)

Im Modul Fachdidaktik II haben wir intensiv an dieser Aufgabenstellung gearbeitet. Kontext sind natürlich auch die Beurteilungskriterien für die Prüfungslektion. Zudem haben wir uns im Seminar bereits zu produktionsorientierten Verfahren am Beispiel dieser Erzählung unterhalten.

Bevor ich zwei Versionen präsentiere, wie diese Lektion durchgeführt werden könnte, möchte ich die geäußerte Kritik an der Aufgabenstellung kurz umreißen:

  1. Die Abgrenzung »emotionaler« von »analytischen« Zugängen ist unscharf. Was genau ist ein »emotionaler Zugang« zu einem Text – und mehr noch: Wie entsteht Evidenz, ob so ein Zugang eröffnet wurde?
  2. Die Kombination einer Textvorgabe mit zwei expliziten Aufträgen sprengt den Rahmen einer Lektion.

Diese Kritik leuchtet mir ein, ich werde darüber nachdenken, wie Themen genauer und passend zu den engen Zeitvorgaben formuliert werden können.

Vorschlag 1: Chats und Werkstatt

Hausaufgabe: Lektüre der Erzählung oder eines Teils.

(Falls nicht alles gelesen, zu Beginn der Lektion Lesung des Rests anhören.)

Schreibauftrag 1:
»Angenommen, der Junge zieht sich mit seinem Smartphone zurück und schreibt einer Vertrauensperson eine Nachricht: Was schreibt er? Formuliere die Nachricht so, dass Sie zum Text und zum Jungen passt.«
Die Schülerinnen und Schüler erledigen die Aufgabe zu zweit und erhalten einen QR-Code, den sie verwenden, um den Text in ein Formular oder ein Etherpad einzugeben.

Werkstatt:
Die Lehrperson hat Begriffe oder Werkzeuge mitgebracht, mit denen sich Aspekte der Erzählung analysieren lassen:
a) Erzählperspektive
b) Nähe und Distanz
c) Gewalt(-darstellung)
d) Symbol der Modellflugzeugs
e) offener Schluss
f) der Akt des »Schlagens«
g) Spiegel und Blicke
h) Personenkonstellation
i) Zeitverlauf
j) …

Zu zweit bearbeiten die Schülerinnen und Schüler 2 bis 3 dieser Themen. Wenn sie fertig sind, erhalten Sie jeweils ein neues Thema (oder sie erhalten direkt vier Themen, aus denen sie dann auswählen).

Auswertung der Werkstatt:
Die Lehrperson sammelt und dokumentiert die Ergebnisse am Visualizer so, dass die Klasse mitschreiben und mitdenken kann. (Denkbar auch: Sie lässt das jemanden aus der Klasse machen, um das Gespräch moderieren zu können.)
Wichtig: Hier ist eine Auswahl entscheidend. Es ist nicht möglich, alles auszuwerten – das macht die Lehrperson deutlich und bricht auch wieder ab.

Schreibauftrag 2:
Die QR-Codes werden neu verteilt und andere Paare antworten aus der Sicht der Vertrauensperson auf die Nachricht des Jungen.

Resultatsicherung:
»Bei welcher Aufgabe – Schreiben oder Werkstatt – habt ihr mehr über den Text gelernt?«
»Was hat für euch die stärkste Wirkung in diesem Text?«

Kommentar: Diese Lektion ist sehr gedrängt. Sie muss sehr gut vorbereitet sein, die Übergänge dürfen kaum Zeit beanspruchen. 

Vorschlag 2: Zitate

Hausaufgabe: Lektüre der ersten Hälfte der Erzählung.

Einstieg: »Wählt einen Satz aus, der euch geblieben ist. Erklärt eurer Nachbarin oder eurem Nachbarn, warum ihr diesen Satz markiert habt.«

Lesung des Rests der Erzählung anhören mit der Aufgabe, wiederum ein Zitat hervorzuheben, das besonders stark wirkt.

Die Paare tun sich nun mit jeweils einem anderen Paar zusammen und entscheiden zu viert, welches Zitat sie auf den Rücken eines Erzählbands drucken würden, in dem dieser Erzählung steht.

Auswertung am Visualizer: Jede Gruppe stellt kurz ihr Zitat vor und begründet ihre Auswahl.

Analyse: Die Lehrperson zeigt auf einer Folie 3-4 analytische Fragen, die sie kurz erklärt.

Die Gruppen sollen diese Fragen unter Rückgriff auf die markierten Stellen beantworten.

Resultatsicherung: Die Lehrperson geht die Zitate mit der Klasse durch und notiert zu jedem Zitat, welche Einsichten sich daran zeigen lassen.