Digitale Schreibtools

Diese Liste mit Werkzeugen für den Schreibunterricht ergänze ich regelmäßig. Ich danke Urs Henning für die Anregung und Vorarbeit. Eine didaktische Bemerkung findet sich am Schluss der Liste.

 

  1. iA Writer
    Der iA Writer ist eine einfache Schreibumgebung. Diese Einfachheit erlaubt die Konzentration auf den Text oder auf den einzelnen Satz. Das Programm bietet grundsätzlich einfach eine leere Seite an. Es läuft auf dem Desktop wie auch auf mobilen Betriebssystemen und wird von einem Team entwickelt, das sich mit Informationsverarbeitung vertieft auseinandergesetzt hat.
  2. Duden-Rechtschreibprüfung
    Leider auf 800 Zeichen limitiert, aber schnell und gut dargestellt. Können viele Schreibprogramme automatisch, schafft aber noch einmal ein klares Bewusstsein für Fehler und ihre Begründung.
  3. Voyant-Tools
    Eine umfassende Analyse von Texten, besonders für sehr lange Texte und Textkorpora geeignet. Kann auch für die Untersuchung eigener Texte verwendet werden.
  4. Papyrus Autor
    Leistungsfähigstes Tool für Stil- und Lesbarkeitsanalyse, leider aktuell nur als teure Vollversion erhältlich.
  5. Duden Mentor
    Neben Rechtschreibfehler, zu denen automatisch Vorschläge eingeblendet werden, kann Duden Mentor auch Synonyme vorschlagen und Worthäufungen erkennen. Sehr übersichtlich und geeignet für eine Überarbeitung eines Textes.
  6. Language Tool
    Ähnlich wie die Duden-Prüfung, gibt aber auch stilistisches Feedback. Eignet sich für einen seriösen Korrekturdurchlauf. Language Tool gibt es auch als Chrome-Erweiterung, die dann im Browser alle Texte prüft.
  7. Textanalyse von schreiblabor.com
    Dieses Webtool analysiert einen Text in Bezug auf mehrere Aspekte: Es errechnet einen Lesbarkeitsindex nach der Flesch-Formel, zeigt Phrasen, Füllwörter und Anglizismen an und markiert lange Wörter sowie lange Sätze, welche die Lesbarkeit erschweren.

  8. Textalyser
    Ein weiteres Statistik-Tool, das die Lesbarkeit mit dem Gunning-Fog-Index berechnet und generell stark auf die englische Sprache ausgerichtet ist. Gleichwohl sind die statistischen Angaben hilfreich, besonders die Liste mit den häufigen Wortkombinationen gibt gute Hinweise für eine Verbesserung der eigenen Texte.
  9. Füllwörter und »Unwörter« entfernen
    Das einfache Tool ersetzt eine Liste von Wörtern (welche eine Aufstellung Goethes enthält) ersatzlos oder durch »XXX«. Durch diese automatisierte Überarbeitung wird deutlich, ob das Wort wirklich eine Funktion erfüllt hat.
  10. Zusammenfassung mit GetDigest
    Das einfache Web-Tool gibt es auch als (kostenpflichtiges) Word-Plugin. Es gibt Schlüsselwörter eines Textes aus und fasst ihn automatisiert zusammen.
  11. Analyse für PR- und Pressetexte
    Einfache Tipps für diese Textsorte, die mit einer automatisierten Erkennung verbunden sind. Zuerst etwas unübersichtlich, aber vermisst auch die Sachlichkeit und den Informationsgehalt eines Textes.
  12. Wortliga
    Dieses Analyseverfahren lobt, kritisiert und bemängelt Fehler – und zeigt die bemängelten Stellen auch direkt im Text an. Visuell sehr ansprechend, anregend für eine fundierte Überarbeitung eines Textes. Die Vorschläge sind aber oft sehr starr und an stilistischen Idealen ausgerichtet, die diskutiert werden müssen und nicht in der dargestellten Strenge gelten.

Zum Schluss eine didaktische Einordnung:

Automatisiertes Feedback auf Texte betrifft formale und stilistische Aspekte. Die Tools aus der Liste vermessen sie mit standardisierten Verfahren. Diese haben zwei Mängel: Sie sind erstens unvollständig, können also weder alle Fehler noch alle stilistischen Unsauberkeiten festhalten. Zweitens beziehen sie das Publikum, die beabsichtigte Wirkung des Textes sowie den kreativen Umgang mit sprachlichen Mitteln nicht mit ein. Viele der Rückmeldungen gehen davon aus, ein Text müsse sachlich und leicht verständlich sein – wie das etwa für ein Informationsschreiben angemessen ist.

Werden die Tools unreflektiert eingesetzt, fehlt das Bewusstsein für die beiden Mängel: So kann die Illusion entstehen, das selektive Feedback einer Website reiche für die Verbesserung aus. Den Stilvorschlägen wird ein absoluter Status zugeschrieben werden, den sie nicht verdienen.

Das didaktische Setting für den Einsatz dieser Tools begegnet diesen Gefahren: Es macht deutlich, dass formale und stilistische Entscheidungen gegen die automatisierte Kritik verteidigt werden können. Die Maxime wäre folgende: »Wenn du klar begründen kannst, weshalb deine Ausdrucksweise die richtige ist, änderst du nichts. Bist du dir unsicher, prüfe eine alternative Formulierung. Verbessert sie deinen Text?«

Urs Henning setzt diese Tools im Rahmen von Peer-Feedback ein: Lernende geben sich persönliche Rückmeldungen und lassen sich dabei von diesen Werkzeugen unterstützen.

Um das konkret zu machen, habe ich die erste Version dieses Textes mit Wortliga geprüft. Das Ergebnis lässt sich unten einsehen (klicken zum Vergrößern). Ich habe die langen Sätze gekürzt und einen Passiv-Satz modifiziert. Zudem habe ich einige Füllwörter und Modalverben entfernt. Die Lesbarkeit ist dadurch von 54 und 56 angestiegen. Es wäre unsinnig und auch unmöglich gewesen, alle Rückmeldungen umzusetzen. So habe ich aber in Sekunden Hinweise erhalten, wo ich beim Überarbeiten ansetzen könnte. Das leisten diese Tools. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.